Ukulele Songs für Fortgeschrittene: Clawhammer
Manchmal fühlt man sich seltsam festgefahren. Die Ukulele liegt auf dem Sofa – in Reichweite, man müsste nur danach greifen und ein bisschen strummen. Aber ach! Welchen Song? Alle Playalongs hat man schon durch und ein neuer Popsong reizt gerade nicht. Fret not! (Pun intended!) Denn das Wundervolle an der Ukulele ist ja, dass sie so unheimlich vielseitig ist und weit mehr kann als Pop und Hawaiian Music. Für alle, die also mal etwas Anderes probieren wollen, Abwechslung suchen und ihr Spiel mit Raffinesse versehen wollen, lohnt es sich, die „Clawhammer“-Technik mal unter die Lupe zu nehmen.
Credit: Zekeriya Sen (modifiziert)
Der deutsche Clawhammer Ukulele-Spezialist: Andreas Bördlein
Andreas Bördlein hat sich auf diese Spieltechnik spezialisert und führt seit 2018 den erfolgreichen YouTube Kanal „Ukulele am Limit“. Wir haben den Gymnasiallehrer und passionierten Ukulele- Aficionado mal befragt, was Clawhammer eigentlich ist.
Uke Supply: Andreas, was konkret ist nun eigentlich Clawhammer?
Andreas Bördlein: Clawhammer ist eine Spieltechnik, die eigentlich vom Banjo herkommt. Man hört sie oft in traditioneller amerikanischer Musik aus dem Südosten des Landes. Clawhammer Style wird sehr häufig in den Songs und Fiddle-Tunes der Appalachian Music verwendet – ein Musikstil der grob dem Gebiet von Mississippi, Alabama, über Georgia, bis in Richtung der Carolinas entstammt. Er vereint verschiedene europäische und afrikanische Einflüsse und ist ein Meltingpot für irische und schottische Stücke, Kirchenlieder und afroamerikanischen Blues. Clawhammer selbst hat wiederum Einfluss gehabt auf Musikstile wie Country und Folk.
US: Also im Prinzip das klassische Banjo?
AB: Nicht ganz, denn „klassisches“ Bluegrass-Banjo und Clawhammer unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt: Clawhammer ist ein rhythmischer Strumming-Stil, während Bluegrass ein Picking-Stil ist. Es handelt sich bei Clawhammer also um eine Form der Liedbegleitung, die Elemente der jeweiligen Melodiestimme übernimmt und in ein rhythmisches Muster packt. Gut gespielt kann das einen ganz eigenen und unwiderstehlichen Groove entfalten. Wer sich mal einen Eindruck verschaffen will, sollte sich Songs von Banjo-Spielern wie Mike Seeger oder Dirk Powell anhören.
US: Wie funktioniert Strummen nach der Clawhammer-Technik?
AB: Beim Clawhammer wird die Melodie in einem dreiteiligen Strumming gespielt. Der Zeige- oder Mittelfinger schlägt eine Saite an, direkt darauf schlägt er mehre Saiten und dann zupft der Daumen die G-Saite. Das klingt wie „Bum-Tscha-Ka“. Was Ukulele-Spieler mit der Clawhammer-Technik anstellen, findet man bei Künstlern wie Aaron Keim oder Richard Hefner und ohnehin ist das leichter gezeigt, als erklärt.
US: Vollkommen richtig, deshalb hier ein Erklärvideo
US: Und wie kommt denn nun die Clawhammer-Technik vom Banjo auf die Ukulele?
AB: Nun, die beiden Instrumente sind sich in einer Sache sehr ähnlich: Beide Instrumente sind - für europäische Ohren - seltsam gestimmt. Streicht man bei einer konventionell gestimmten Gitarre die Saiten von oben nach unten durch, fängt man mit dem tiefsten Ton an und hört mit dem höchsten auf. Bei Ukulele und Banjo ist das anders. Da fängt man oben mit der hohen G-Saite an und dann kommen die tieferen. Man nennt diese Art, ein Saiteninstrument zu stimmen, „rückläufig“ (engl. reentrant). Entstanden ist sie übrigens aus physikalischen Gegebenheiten heraus. Frühe Ukulelen- und Banjobauer waren auf Natursaiten aus Schafs- oder Kuhdarm angewiesen und es war oft nicht möglich, diese in der nötigen Dicke für eine tiefe G-Saite herzustellen. Deswegen hat man einfach eine dünne Saite genommen und behelfsmäßig eine Oktave höher auf ein hohes G gestimmt. Diese „Notlösung“ wurde dann aber von vielen Musikern genutzt, dem Instrument mit Hilfe spezieller Spielstile Sounds zu entlocken, die man mit einem konventionell gestimmten Instrument nicht erzeugen kann. So auch Clawhammer. Bei dieser Technik spielt nämlich der Daumen der rechten Hand sehr oft und sehr rhythmisch die magische hohe G-Saite - und das erzeugt den speziellen Clawhammer-Sound.
Credit: Daniel Campbell
US: Also nichts für Fans von Low-G?
AB: In der Tat, die Clawhammer-Technik ist nur auf einer Ukulele möglich, die mit einer hohen G-Saite ausgestattet ist. Man kann zwar auch auf einer tiefen G-Saite „clawhammern“, es klingt aber einfach nicht gut.
US: Was macht „Clawhammer“ also besonders?
AB: Clawhammer ist im Wesentlichen eine etwas raffiniertere Art der Liedbegleitung, die das Strumming-Repertoire eines Ukulele-Spielers um eine ungewöhnliche und sehr rhythmische Farbe bereichern kann. Wenn man will, kann man diese Liedbegleitung mit melodischen Elementen erweitern, sodass man zwischendurch auch mal eine Liedstrophe instrumental präsentieren kann. Motzt jeden Song ungemein auf!
US: Na dann, hören wir uns das mal an. Danke Andreas!