
Zuhause bei den weltbesten Ukulele-Herstellern - Die Manufakturen der 4K: Kamaka, KoAloha, Kanile`a, Ko`olau
Begibt man sich auf eine Reise auf den Spuren der Ukulele, fĂŒhrt sie unweigerlich nach Hawai'i (nf. Hawaii). Die Inseln, das ist kein Geheimnis, sind mein absoluter Sehnsuchtsort. Wenn man mich fragt, ist Hawaii immer eine Reise wert. Umso mehr jedoch fĂŒr Fans der Ukulele. Hawaii hat nicht nur zahlreiche spezialisierte Shops mit einer schier unendlichen Auswahl an groĂartigen Vier-Saiten-Instrumenten â hier, genauer gesagt auf Oahu â sitzen auch die sogenannten "4K", die renommiertesten Ukulele-Hersteller dieser Welt: Kamaka, KoAloha, Kanile'a und Ko`olau. Einige bieten Factory Visits an und mindestens eine sollte man unbedingt einmal mitgemacht haben. Ach, machen wir uns nichts vor, man sollte sie alle einmal mitgemacht haben! Allein schon, weil bei jeder einzelnen so viel Neues zu lernen ist.
Nachdem wir 2013 bei unserem ersten Aufenthalt auf Oahu unsere erste Ukulele gekauft hatten, packte uns das Ukulele-Fieber und jeder Trip auf unsere heiĂ geliebten Inseln wurde mit einem Fabrik-Besuch verbunden. Ich spreche im Folgenden also aus Erfahrung und tief empfundener Begeisterung.
Wo Tradition mit Technologie und Signature Style verbunden wird
Been there, done that?! Nicht so bei den hawaiianischen Ukulele-Herstellern. Jeder von ihnen hat eine ganz eigene, hoch spezialisierte Methode entwickelt, Ukulelen zu bauen und die Fabrik-Besuche geben Besucher:innen die Möglichkeit, den Herstellern ĂŒber die Schulter zu schauen. WĂ€hrend sich einige Arbeitsschritte Ă€hneln, so unterscheiden sie sich im Detail mitunter ganz signifikant. Jeder Hersteller hat seinen Signature Style, seine eigene Konstruktionsweise, eine persönliche Handschrift und Details, die sich durch das Sortiment ziehen. Das ist spannend und macht Lust darauf, tiefer ins Thema Ukulele-Bau einzutauchen, denn hier gibt es weit mehr zu entdecken, als Klangfarben von Hölzern und die Beschaffenheit von Saiten.
Alle der 4Ks sind Familienunternehmen, die ihr Wissen an ihre Kinder â im Fall von Kamaka sogar an ihre Enkel â weitergeben und eine ganz eigene Art und Weise entwickelt haben, Traditionen mit Moderne zu verbinden und herausragende Instrumente herzustellen.
Kanile'a â Die Naturverbundenen
Kanile'a (nf. Kanilea) hat seinen Sitz im Ărtchen Kaneohe, ganz in der NĂ€he von Honolulu und wurde gegrĂŒndet von von Joe und Kristen Souza. Joe, der damals auch unsere (allererste) Tour gefĂŒhrt hat, versprĂŒht Aloha Spirit mit jeder Faser seines Körpers und beantwortet geduldig jede Frage. Er ist nicht nur einer der fĂ€higsten Ukulele-Bauer â ein sogenannter Luthier â der Welt, er und seine Frau legen zudem groĂen Wert auf Nachhaltigkeit beim Ukulele-Bau, vom Holz bis zur Lackierung.
Aufgewachsen auf Hawaii hat Joe das Ukulele-Spielen im Blut. Schon in der Grundschule lernte er zu spielen, mit 20 machte er eine Ausbildung zum Instrumenten-Bauer â damals ohne zu ahnen, dass er selbst einmal eine Firma mit ĂŒber 20 Angestellten leiten wĂŒrde.
FĂŒnf bis sechs Profi-Ukulelen werden im Haus Kanilea tĂ€glich gebaut und Joe fĂŒhrt uns begeistert durch alle Arbeitsschritte. ZunĂ€chst sehen wir, wo das Holz angeliefert und gelagert wird â groĂe Scheite, die davon trĂ€umen, bald die elegante Form einer Ukulele anzunehmen. Kanilea ist stolz darauf, sehr frĂŒh im Bearbeitungsprozess die ZĂŒgel in die Hand zu nehmen. Nach dem FĂ€llen werden die BaumstĂ€mme gewachst und bleiben zunĂ€chst zum Trocknen im Wald liegen. Erst spĂ€ter, werden sie in der Werkstatt luftgetrocknet und weiterverarbeitet.
Nachdem wir das Koa in einer â optisch noch wenig beeindruckenden â Rohform betrachten konnten, geht es weiter in die Werkhalle und die ist, wie Hawaii ĂŒberall ist: strukturiertes Chaos. Oder chaotische Struktur?! Egal, liebenswert und authentisch! Hier wird mit den HĂ€nden gearbeitet und das sieht, riecht und schmeckt man förmlich. Die Luft ist staubig auf den Lippen und ĂŒberall im Raum stehen Ukulelen in den unterschiedlichsten Stadien ihrer Entstehung. Böden, Zargen, Griffbretter, Formen, Pressen, Werkezuge, beeindruckend aussehende Hawaiianer, die zartes Holz in Form bringen â es ist ein Erlebnis fĂŒr alle Sinne. Und dann geht es ins Detail. Joe erklĂ€rt uns, was Kanile`a Ukulelen so besonders macht. Bei Kanile`a hat man ein eigenes System fĂŒr die Verstrebungen im Korpus der Ukulele entwickelt, das sogenannte TRU Bracing (kurz fĂŒr Total Resonating Ukulele). Es unterstĂŒtzt die volle DreidimensionalitĂ€t des Klangs, statt nur die die Schwingungen der Töne nach vorn und hinten und links und rechts einzubeziehen. DafĂŒr werden KlangstĂ€be verbaut, die unter den Querverstrebungen verlaufen. Das macht den Prozess zwar deutlich aufwĂ€ndiger, wirkt sich aber positiv auf den Klang und die StabilitĂ€t der Ukulele gleichermaĂen aus. Eine so hergestellte Ukulele hat ihren Preis â zwischen 700 und 3000 Dollar zahlt man dafĂŒr, aber sie klingt eben auch fantastisch. Wer es ein bisschen preiswerter haben möchte, fĂŒr den vertreibt Kanileâa eine preiswertere Serie, die unter dem Namen Islander firmiert.
Kamaka â Die Traditionsreichen
Als wir â ohne gröĂere vorherige Recherche â 2015 die Factory Visit bei Kamaka antraten, sind wir erst einmal in ein fĂŒrchterlich peinliches FettnĂ€pfchen getreten â zum GlĂŒck nur gedanklich und ich weiĂ auch nicht, warum ich diese Geschichte jetzt hier öffentlich mache :-D
Wir standen bereits im Shop von Kamaka, einem von auĂen unscheinbaren GebĂ€ude und warten auf den Beginn der FĂŒhrung. Kurz bevor es losgehen sollte, betrat ein Ă€lteres Ehepaar in den Shop. Mein erster Gedanke war, âOh, mit den beiden wird die FĂŒhrung vermutlich ein bisschen langsamer vonstattengehen.â Doch es stellte sich heraus: Der Ă€ltere Herr mit dem schneeweiĂen Haar, den ich eben noch fĂŒr seine leicht gekrĂŒmmte Haltung bedauert hatte, ist Fred Kamaka Senior, Inhaber von Kamaka, Sohn von Sam Kamaka, der die Firma 1916 gegrĂŒndet hatte, damals noch im Keller seines Hauses in Honolulu â und unser Tour Guide. Seine Frau Elisabeth kommt aus Deutschland und die Freude war groĂ, uns als deutsche GĂ€ste mit auf der Tour zu haben. Und die ging dann auch los â nur deutlich flotter, als ich noch wenige Minuten zuvor geglaubt hatte. Wenn Fred Kamaka erzĂ€hlt, beginnen seine Augen zu Leuchten, seine Stimme krĂ€chzt von Zeit zu Zeit, vor allem wenn er lacht â und Fred Kamaka lacht viel â aber fĂŒr seine damals 93 Jahre sprudelt er nur so ĂŒber vor Energie und erfrischender Begeisterung fĂŒr die eigene Geschichte.
Kamaka ist die Ă€lteste Manufaktur der 4Ks und wurde 1916 von Samuel Kaialiilii Kamaka gegrĂŒndet. Der Mittelname Sam Kamakas, Kaialiilii, bedeutet so viel wie âein kleiner Fisch, der im Ozean schwimmtâ, doch was Sam Kamaka in Honolulu aufgebaut hat, ist wohl eher der Blauwal der Ukulele-Industrie â ein Ukulele-Schwergewicht. Kamaka entwickelte unter anderem das Pineapple Design, die beliebte alternative und einer Ananas nachempfunden Bauform der Ukulele. Mit seinen Söhnen hatte Sam es nicht leicht, erzĂ€hlt Fred von seinem Vater und kommt aus dem Kichern kaum mehr heraus. So ganz freiwillig waren Fred und sein Bruder Sam Jr. nĂ€mlich nicht Teil des Ukulele-Business. Im Gegenteil, ihre Interessen waren gĂ€nzlich andere. So kam es schon mal vor, dass, wenn die Wellen perfekt zum Surfen waren, die beiden Hals ĂŒber Kopf die Manufaktur verlieĂen, ohne das Licht zu löschen oder abzuschlieĂen. Sie ĂŒbernahmen das Business erst und lieĂen sich vollends auf diese Verantwortung ein, als ihr Vater krank wurde und ihnen das Versprechen abrang, den Ukulele-Bau weiterzufĂŒhren. Fred zeigt alte Fotografien, GemĂ€lde, die ihn als kleinen Jungen in der Werkstatt seines Vaters zeigen und er versetzt uns zurĂŒck in eine Zeit, in eine Ukulele von Kamaka 2 bis 3 Dollar kostete. Heutzutage liegen die Preise bei knapp 900 bis 2.500 Dollar und Kamaka baut exklusive Modelle fĂŒr KĂŒnstler wie Jake Shimabukuro, Taimane Gardner, Brittni Paiva, Andrew Molina und Kalei Gamiao.
Kamaka, das macht Fred klar, achtet akribisch darauf, die hohen Standards, die sein Vater damals eingefĂŒhrt hat, beizubehalten. Selbst Instrumente aus den frĂŒhen Jahren der Firma können heute noch problemlos repariert werden, weil sie so minutiös verarbeitet wurden. Neun verschieden Modelle stellt Kamaka heutzutage her, allesamt aus feinstem Koa: die beliebte Pineapple, aber auch klassische Ukulelen, von Sopran (die bei Kamaka âStandardâ heiĂt), ĂŒber Concert, Tenor und Bariton, bis hin zu Deluxe-Modellen. Die Leitung des Unternehmens hat Fred Kamaka inzwischen an die nachfolgende Generation abgegeben, die FĂŒhrungen durch die Werkstatt selbst zu leiten, das jedoch lĂ€sst er sich hin und wieder nicht nehmen.
KoAloha â Die Unkonventionellen
Die Manufaktur von KoAloha versteckt sich in einer wenig einladenden StraĂe, die nach nicht mehr aussieht, als nach LagerhĂ€usern, Shops fĂŒr Autoteile und Ă€hnlich langweiligen Gewerben. Wer wĂŒrde vermuten, dass hier einige der schönsten Instrumente dieser Erde gebaut werden?! âSchönâ in jedem Sinne des Wortes. KoAloha baut nicht nur perfekt klingende Instrumente, im Vergleich zu den anderen Herstellern sind sie auch in Ă€sthetischer Sicht experimentierfreudig und haben viel SpaĂ daran, im Design ihrer Ukulelen von den traditionellen Formen abzuweichen oder sie zu ĂŒberspitzen â sei es durch Anleihen an orientalischen Elementen, auffĂ€llige Verzierungen oder eine noch realer anmutende Pineapple Form mit dynamisch gezacktem Korpus. Zwei Signature Elemente ziehen sich durch die gesamte Produktlinie: die elegante Kopfplatte in Form einer fĂŒnfzackigen Krone und die hĂŒbsche âMusubiâ-Style Soundhole, die an die hawaiianische âSpezialitĂ€tâ Spam Musubi erinnert, ein StĂŒck Spam, das mit einem Streifen Nori-Alge auf Reis befestigt wird.
Bei KoAloha lernen wir ĂŒbrgens auch, wie die feinen Inlays und das Logo aus Abalone hergestellt und eingebracht werden. Anders als bei Kanile`a, die fĂŒr einige Modelle Sand ihres paradiesischen Hausstrands fĂŒr das Logo in der Kopfplatte verwenden, schneidet KoAloha filigran geformte StĂŒcke aus dem schillernden Teil der Irismuscheln.
KoAloha â obwohl ein Familienunternehmen, wie die anderen 4Ks auch â ist ein sehr junger Hersteller und wurde erst in den 1990er Jahren gegrĂŒndet â vielleicht liegt hierin auch ihr SpaĂ an der modernen Herangehensweise begrĂŒndet.
Auch KoAloha â wie der Name schon verrĂ€t â nutzt ĂŒberwiegend Koa fĂŒr seine Instrumente, integriert aber auch andere Hölzer wie Mango und Akazie und hat eine groĂe Auswahl an herausragenden Instrumenten â von Sopran, ĂŒber Long Neck-Varianten, bis hin zu Tenor und Pineapple. Wer eine KoAloha Ukulele sein eigen nennen, aber nicht 900 Dollar und mehr dafĂŒr ausgeben möchte (fĂŒr Auftragsarbeiten können schon mal 4000 US Dollar fĂ€llig werden), dem bietet KoAloha zwei preiswerte Produktlinien an. KoAloha Opio Ukulelen â Opio bedeutet so viel wie âJuniorâ â werden nach den gleichen Standards, allerdings mit asiatischer Akazie statt traditionellem Koa und in Thailand statt auf Hawaii gebaut. Sie klingen und spielen sich Ă€hnlich, wie ihre groĂen BrĂŒder aus der hawaiianischen Produktion, sind aber deutlich gĂŒnstiger, beginnend bei rund 500 US Dollar. Mit KoAlana hat KoAloha zudem eine Einstiegsserie auf den Markt gebracht, mit Ukulelen die in Indonesien hergestellt werden und schon ab rund 190 US Dollar zu haben sind.
Ko`olau â Die Individualisten
An Ko`olau heranzukommen, ist gar nicht so einfach â und das betrifft die Ukulelen ebenso, wie die Ukulele-Bauer. Bislang wurden keine Factory Visits angeboten, doch ein Hinweis auf der Website lĂ€sst uns fĂŒr den nĂ€chsten Besuch hoffen, denn Ko`olau gehört ganz ohne Zweifel zu den besten Ukulele-Herstellern weltweit. Dabei beschrĂ€nkt sich das Team um John Kitakis nicht auf Ukulelen und auch nicht auf den Bau neuer Instrumente. Ko`olau repariert von High End-Gitarren, ĂŒber Mandolinen und Banjos bis hin zu Ukulelen (fast) alles, was Kunden so bringen â und das bereits seit den 1970er Jahren (damals sogar noch Möbel). Nach und nach kam der Wunsch nach eigenen Instrumenten auf und Mitte der 1990 Jahre grĂŒndete John gemeinsam mit seinen Söhnen Noa und Andrew die Ko`olau Guitar & Ukulele Company. Ihr Steckenpferd sind Instrumente, die höchsten QualitĂ€tsstandards entsprechen. In der Regel sind es Auftragsarbeiten, die preislich bei rund 1600 US Dollar beginnen, aber auch bis zu 13 Tsd. US Dollar kosten können. Im Handel sind Ko`olau Ukulelen rar, seit 2005 gibt es jedoch ihre Produktionslinie Pono, die nach den Vorlagen von Ko`olau aber auf Java produziert wird. Doch auch dort hat John Kitakis durch rigide Schulungen einen hohen QualitĂ€tsstandard sichergestellt und verkauft mit Pono hervorragende Instrumente â zu einem deutlich geringen Preispunkt. Ăhnlich wie Instrumente von KoAloha sind auch von Ko`olau gebaute Ukulelen optisch spannend, weil sie traditionelle Formen zwar bedienen, doch ebenso gern von ihnen abweichen, mit modernen Cutaways, Archtops, halb-hohlen Instrumenten oder schmalen f-Löchern. Gleiches gilt fĂŒr die verwendeten Hölzer: Auch Ko`olau verwendet Koa, greift aber ebenso zu Esche, Palisander und Fichte. Und wie die anderen der 4Ks auch, haben sie ganz eigene Bauweisen und Prozesse entwickelt. So werden beispielsweise der Korpus und der Hals beim Finish getrennt bearbeitet. Das kann bei eventuellen Reparaturen von Vorteil sein, vor allem aber können beide Teile wahlweise glĂ€nzend oder matt gestaltet werden, was sich positiv auf die Spielbarkeit auswirkt.
Photo Credits: Maria Mahler
Quellen:
Perlmutter, Adam, 2015, âThe 4 Kâs: Get to Know Hawaiiâs Most Distinguished Ukulele Buildersâ, Ukulele Magazine, https://www.ukulelemag.com/stories/the-4-ks-get-to-know-hawaiis-most-distinguished-ukulele-builders
http://kamakahawaii.com/
https://www.kanileaukulele.com/
https://www.koaloha.com/
https://www.Ko`olau ukulele.com/